Laatzen
Donnerstag, 02.05.19 - 12:36 Uhr

Informationsabende am 8. Mai, 22. Mai und 19. Juni zum Thema Kriegsenkel in Laatzen

LAATZEN. 

Am Mittwoch, 22. Mai, sowie am Mittwoch, 19. Juni, bietet die Leine-VHS im Rahmen des Bundesprogramms "Demokratie leben!" zwei voneinander unabhängige Informationsabende an, bei denen die Autorin Heike Pfingsten-Kleefeld und die Beraterin Marina Röthlinger jeweils ab 18 Uhr im Stadthaus Laatzen über "Das schwierige Erbe der Kriegsenkel" berichten und die Besucher im Anschluss zur Diskussion und zum Gedankenaustausch einladen.

 

"Kriegsenkel sind die Kinder der Generation, die in den Jahren zwischen 1928 und 1945 geboren wurden", sagt Heike Pfingsten-Kleefeld. Die Eltern der Kriegsenkel haben Krieg und Flucht miterlebt. "Viele sind durch ihre Erlebnisse und Erfahrungen traumatisiert und fühlen sich immer noch auf der Flucht", macht die 61-Jährige Autorin und Diplom-Sozialpädagogin deutlich. Diese Erfahrungen geben sie - oft unbewusst - an ihre Kinder weiter. "Sie vermitteln ihren Kindern, immer wachsam sein zu müssen, denn der Krieg könne jederzeit wiederkommen." Pfingsten-Kleefeld berichtet zum Beispiel von einer Kriegsenkelin, die bis heute an jedem Abend vor dem Zubettgehen ihren Ausweis und ihr Portemonnaie auf den Nachtisch legt, um sofort flüchten zu können - obwohl sie Krieg oder Flucht selbst nie erlebt hat. "Bei manchen Kriegsenkeln gibt es zuhause einen gepackten Koffer", berichtet die Autorin von ihren Beobachtungen.

 

Viele Kriegsenkel seien alleine mit ihren Sorgen. Durch die weitergegebenen Erfahrungen ihrer Eltern entstünden Gefühle von Trauer, Schuld und Depression. "Die Kriegsenkel können ihre Gedanken und Gefühle aber oft nicht zuordnen, weil ihnen die Erlebnisse dazu fehlen", so Pfingsten-Kleefeld. Die Autorin spricht von einem "emotionalen Nebel", den die Kriegsenkel nicht zuordnen könnten. Von den Folgen der Erlebnisse ihrer Eltern seien sehr viele Kriegsenkel betroffen: "Etwa ein Drittel der Kriegskinder sind schwer und langanhaltend traumatisiert, ein Drittel einfach oder nur für eine kurze Zeit und ein Drittel gar nicht", macht die Autorin deutlich, die sich seit acht Jahren mit dem Thema Kriegsenkel beschäftigt.

 

Die Erlebnisse der Kriegskinder würden sich emotional auf die nächste Generation auswirken, ergänzt Marina Röthlinger. "Viele Kriegsenkel bedauern die fehlende Nähe zu ihren Eltern." Oft gebe es nur geringes Verständnis für die Sorgen und Nöte ihrer Kinder. "Die Kriegskinder haben ums Überleben gekämpft und hatten deshalb nur wenig Möglichkeiten, sich mit ihren Kindern zu befassen", macht die 55-jährige Beraterin deutlich, die 15 Jahre lang als Fachkrankenschwester in der Notaufnahme des Krankenhauses Siloah und im Anschluss elf Jahre lang als Sozialberaterin im Klinikum Agnes Karll in Laatzen gearbeitet hat. Heute bietet Röthlinger als Selbstständige eine sogenannte Zwei-Generationen-Beratung an, bei der sie die Generation der Kriegskinder und die Generation der Kriegsenkel miteinander ins Gespräch bringt. "Jeder Kriegsenkel hat eine andere Erlebniswelt, wie Mutter und Vater mit ihnen umgegangen sind", so Röthlinger. "Das gilt auch innerhalb einer Familie." Ein zentraler Faktor sei die sogenannte Parentifizierung, bei der ein Rollentausch zwischen Eltern und Kindern entsteht. "Die Kinder tun alles, um ihre Eltern zu stabilisieren." Dabei entstünden aber häufig eigene Defizite bei der emotionalen Entwicklung der nachfolgenden Generation.

 

Bei den beiden Informations- und Diskussionsabenden am Mittwoch, 22. Mai, sowie am Mittwoch, 19. Juni, geben Röthlinger und Pfingsten-Kleefeld zunächst Einblicke in die Thematik. Sie berichten anhand von konkreten Beispielen über "Das schwierige Erbe der Kriegsenkel" und definieren die Bedeutung von Traumata. Im Anschluss können die BesucherInnen über eigene Erfahrungen berichten und mit anderen Teilnehmern darüber diskutieren. Die Informationsabende beginnen jeweils um 18 Uhr im Laatzener Stadthaus, Marktplatz 2. Die Veranstaltungen richten sich speziell an Frauen und Männer aus der Generation der Kriegsenkel. Um eine tiefe Diskussion zu ermöglichen ist die Anzahl der Teilnehmer pro Informationsabende auf 15 Besucher beschränkt. Die Teilnahme ist kostenfrei.

 

Bereits am Mittwoch, 8 Mai, liest die Autorin Heike Pfingsten-Kleefeld im Leine-Laden in Alt-Laatzen aus dem Buch "Kriegsenkelgefühle", das sie selbst herausgegeben und mitverfasst hat. In dem Buch berichten 31 Kriegsenkel, wie subtil und mächtig die Kriegs- und Fluchterfahrungen der Eltern auf die nächste Generation nachwirken. "Viele Eltern geben ihre Gefühle und Ängste an ihre Kinder weiter", sagt die Autorin. Beginn der Lesung ist um 18.30 Uhr im Leine-Laden an der Hildesheimer Straße 37, der Einritt beträgt 6 Euro.

 

Anmeldungen für die Lesung und die Informationsabend nimmt die Leine-VHS unter Telefon (05 11) 9 83 56 20 sowie im Internet auf leine-vhs.de/kriegsenkel entgegen.

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