Laatzen
Donnerstag, 08.07.21 - 08:31 Uhr

Teilnehmer des Mitmachgartens vergleichen konventionelle und ökologische Landwirtschaft

LAATZEN. 

Im Mitmachgarten im Park der Sinne in Laatzen wird seit Jahren ein nachhaltiges und demokratisches Miteinander erprobt, gelernt und gelebt. In diesem Jahr sollen im Rahmen des Demokratie-leben!-Projektes "Wem gehört die Welt? Diskussionskultur erleben und verstehen!" Informationen und unterschiedliche Standpunkte zu Themen wie konventionelle und biologische Landwirtschaft, Kleingärten (Privateigentum) und Gemeinschaftsgärten (Gemeinschaftsgut) oder Bodenpflege vermittelt und moderiert gegenübergestellt werden.

 

Interessierte Laatzener können an den Workshops und Exkursionen gegen Anmeldung teilnehmen. Träger des Projektes ist die Schreberjugend Niedersachsen.Zum Auftakt haben die Organisatoren des Mitmachgartens gemeinsam mit den Landwirten Werner Reuter und Andrea Nordenberg jetzt eine Exkursion zum Kronsberghof veranstaltet. Dabei lernten die Teilnehmer die Felder des einzigen ökologischen Ackerbaubetriebs der Stadt Hannover kennen.

 

Ziel war es, einen Vergleich zwischen ökologischer und konventioneller Landwirtschaft anzustellen. Entsprechende Felder grenzen am Kronsberghof direkt aneinander. Thematisch wurde die Exkursion von Sylvia Steuernagel vom Laatzener Mitmachgarten sowie von den Landwirten des Kronsberghofes begleitet.

 

Die Teilnehmer saßen auf einem Anhänger, der von einem Traktor gezogen wurde. An fast jedem Acker wurde eine kurze Pause eingelegt, Andrea Nordenberg und Werner Reuter berichteten vom Leben mit und auf den Äckern am Kronsberghof. Als weitere Referentin wies Sylvia Steuernagel auf Besonderheiten hin. Dabei ging sie auch auf die Fragen der Teilnehmer ein.

 

Die beiden Landwirte wiesen darauf hin, dass die verpachteten Flächen schwierig zu bewirtschaften sein. Die Böden bestünden zu großen Teilen aus Kalk, Geröll oder Ton, die Humusauflage ist sehr dünn. Nordenberg und Reuter bemühten sich altersbedingt stark um eine Hofnachfolge, damit der ökologische Betrieb auch zukünftig weitergeführt wird. Leider war die Suche bislang erfolglos - unter anderem, weil die geringe Größe des Betriebs wirtschaftliches Arbeiten erschwere. Flächen würden weiter an externe Landwirte verpachtet, welche konventionelle Anbaumethoden betreiben. Ein weiteres Problem: Neubausiedlungen und Industrieprojekte erhielten Flächen, der Kronsberghof habe hingegen keine Chance erhalten, seinen Betrieb zukunftsfähig aufzustellen.

 

Julia Schmidt, Teilnehmerin dieser Exkursion und aktives Mitglied beim Mitmachgarten, beschreibt die Tour als sehr lehrreich. Gleichzeitig habe das Erlebnis sie traurig gestimmt und zum Nachdenken angeregt: Zwar habe es bereits vor 40 Jahren Hoffnung gegeben, dass sich die Gesellschaft wandeln würde und der Weg in ein ökologisches Zeitalter eingeläutet werden würde. Die Realität zeige aber leider ein anderes, dramatischeres Bild. "Werner Reuter erklärte, dass eine solidarische Landwirtschaft als genossenschaftliche Struktur auf dem Hof schwer umzusetzen ist.

 

Diese Konzepte beruhen auf Gemüseanbau, welcher auf den Böden mit der vorhandenen Infrastruktur nicht möglich sei", berichtet Julia Schmidt. "Dabei müsste es doch geeignete Konstellationen geben, dass genossenschaftlich organisierte Bäckereien oder kleine Startup-Unternehmen für nachhaltige Lebensmittel aus der Stadt Hannover an ökologischen Erträgen aus der Stadt interessiert sind?"

 

Schmidt erscheint es, als besitze der Beruf des Ökoackerbauers in der Region Hannover wenig Attraktivität. Große Attraktivität bieten hingegen die blühenden Mohn-, Senf- und Kornblumen zwischen den Getreidearten, welche den wohlbekannten Aussichtspunkt des Kronsberges umschließen. Sylvia Steuernagel erklärte, dass Herbizide der Grund dafür seien, dass auf konventionellen Äckern keine wunderschön blühenden Nährstoffkonkurrenten zu sehen sind. "Die Herbizide zerstören jeden zweiblättrigen Keimling, darunter auch Mohn oder Kornblume." Besonders eindrucksvoll sei dies an einer Grenze zwischen ökologischem und konventionellem Feld sichtbar. Ein massiv blau blühender Streifen von Kornblumen zeige deutlich, bis wohin die Herbizide aufgrund der Windverhältnisse vorgedrungen sind.Rechts sind keine weiteren Pflanzen zwischen den Getreideähren zu sehen, links auf dem Feld vom Kronsberghof hingegen leuchten zahlreiche Farbtupfer zwischen den hohen Stängeln.

 

Eine echte Herausforderung, mit welcher die Landwirte aufgrund der Stadtnähe zu kämpfen haben, wurde den Teilnehmern der Tour an echten Situationen vor Augen geführt. Der Kronsberg sei ein Ausflugsziel, viele Menschen nutzen die Felder als Fotokulisse, als Picknickplatz oder als romantisches Bett im Kornfeld. Dabei würden allerdings die Ähren platt getrampelt, die Landwirte berichten über Ertragseinbußen. Darüber hinaus würden viele Besucher des Kronsbergs ihren Müll einfach liegen lassen.

 

"Zumindest dort könnten wir als Gesellschaft schnell und direkt den Landwirten die Arbeit ein klein wenig erleichtern", sagt Julia Schmidt.Diese Exkursion war nur eine von verschiedenen Aktionen, welche der Mitmachgarten am Park der Sinne mit Förderung aus dem Bundesprogramm "Demokratie leben!" im Jahr 2021 umsetzt. Im Mitmachgarten wird seit Jahren ein nachhaltiges und demokratisches Miteinander erprobt, gelernt und gelebt. Ziel des aktuellen Projektes ist es, die bisherigen Erfahrungs- und Lernprozesse zu erweitern und neue Begegnungen zu initiieren.

 

Träger des Projektes ist der Verein Schreberjugend Niedersachsen.Wer sich für die weiteren Aktionen des Mitmachgartens interessiert, kann sich unter kontakt@mitmachgarten-laatzen.de mit den Organisatoren in Verbindung setzen. Weitere Informationen gibt es im Internet auf der Seite https://demokratie.laatzen.de/de/wem-gehoert-die-welt.html.

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